Verjährung von Urlaubsansprüchen

von Rechtsanwältin Sabine Frank

In einem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat dieses entschieden (Urteil vom 20.12.2022; AZ.: 9 AZR 266/20), dass die Verjährung von Urlaubsansprüchen erst dann zu laufen beginnt, wenn der Arbeitsgeber seinen ihm obliegenden Hinweispflichten nachge-kommen ist. Das BAG setzt dabei Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs um. Zwar seien die zivilrechtlichen Vorschriften über die 3-jährige Verjährung grundsätzlich auch auf den gesetzlichen Mindesturlaub anwendbar. Allerdings beginne diese Verjährungsfrist erst am Ende des Jahres des Jahres zu laufen, in dem der Arbeitgeber den Mitarbeiter explizit aufge-fordert hat, Urlaub rechtzeitig im laufenden Kalenderjahr zu nehmen, da andernfalls der Urlaub am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs.3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertra-gungszeitraums (§ 7 Abs.3 Satz 3 BUrlG) verfalle.

Die gleichen Grundsätze wendet das BAG nunmehr auch auf Krankheitsfälle an (Urteil vom 20.12.2022; AZ.: 9 AZR 245/19). Zwar bleibt es dabei, dass der Urlaubsanspruch verfällt, wenn der Arbeitnehmer durchgängig im Kalenderjahr und bis zum 31.3. des Folgejahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub zu nehmen. Denn in diesem Fall hätte auch die Erfüllung der Hinweispflicht nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs bei-getragen. Anders jedoch, wenn der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr gearbeitet hat, bevor er wegen Krankheit arbeitsunfähig geworden ist und den Urlaub nicht nehmen konnte. Hier muss der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht bis zum Beginn der Krankheit nachgekommen sein, um den Lauf der Verjährung der Urlaubsansprüche in Gang zu setzen.

Als Folge der Entscheidungen können demnach in einem bestehenden Arbeitsverhältnis of-fene Urlaubstage auch nach Jahren noch in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeit-geber seinen Hinweispflichten nicht nachgekommen ist. Es ist daher dringend zu empfehlen, jedes Jahr ein Schreiben an die Mitarbeiter auszuhändigen, in dem auf bestehende Urlaubs-ansprüche im Kalenderjahr und den drohenden Verfall explizit hingewiesen wird. Nur wenn ein solcher Nachweis vorliegt, kann sich der Arbeitgeber im Zweifel auf Verjährung oder Verfall berufen.

Da es sich bei der gesamten Thematik um eine äußerst komplexe Materie handelt, ist es in jedem Fall empfehlenswert, sich diesbezüglich anwaltlich beraten zu lassen.


Die Verfasserin ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht mit Kanzleisitz in Rüdesheim am Rhein.

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